Eric
Junior Marketing Manager
September 3, 2020
Revenue Management
Experteninterview: Wie regeneriert sich die Hotellerie erfolgreich?
Der vorübergehende Lockdown und die derzeitige Regeneration der Hotellerie führte bis dato in den Hotels zu starken Umsatzeinbußen. Auch weiterhin werden Hotels vor den Problematiken von geringen Marktnachfragen, Akquisition von Stammgästen, dem Entfall von diversen Zielgruppen und dem daraus resultierenden verstärkten Preiskampf stehen. Gemeinsam mit der Tourismusexpertin Frau Birgit Haake haben wir die aktuellsten Revenue Management Thematiken genauer unter die Lupe genommen.
Schon weit vor der Corona Pandemie hatten viele Hoteliers die Vorteile der dynamischen Preisgestaltung und des Revenue Managements erkannt und konnten damit ihren Gewinn nachhaltig optimieren. Speziell in der derzeitigen Regenerationsphase ist die Nachfrage sehr volatil und stark abhängig von externen Faktoren wie den Entwicklungen rund um COVID-19. Einhergehend wirken sich nationale Beschränkungen bzw. Reisewarnungen als auch regionale Clusterbildungen auf das Buchungsverhalten der Gäste aus. Wir haben mit der Tourismusexpertin Frau Birgit Haake über die aktuell essentiellsten Problematiken gesprochen und diese gemeinsam mit Expertentipps für Sie zusammengefasst.
Über Frau Birgit Haake
Frau Haake verfügt über eine mehr als 25-Jährige Berufserfahrung in der Tourismus- und Hotelindustrie, sowie im Gesundheitswesen und ist Expertin im Bereich Revenue Management für Individual- und Kettenhotels. Unter dem Motto “Kompetent - Individuell - Persönlich - Ganzheitlich” führt Sie ihr eigenes erfolgreiches Unternehmen Haake Revenue4U und berät unternehmen bei der Einführung eines ganzheitlichen Revenue Managements und der Digitalisierung in der Hotellerie. Ebenfalls ist Birgit Haake zertifizierte (Online-)Trainerin und als jahrelange Hochschuldozentin für Internationales Hotelmanagement an der “ASCENSO Akademie für Business und Medien” in Palma und IUBH in München tätig.
Die Problematik des Preisdumpings
Strenge Hygienemaßnahmen erhöhen aktuell die Kosten in der Hotellerie. Zusätzlich verschärfen Umsatzeinbußen durch Kapazitätsgrenzen aufgrund von Abstandsregelungen und eine mangelnde als auch sehr unvorhersehbare Nachfrage die prekäre Situation - das häufige Resultat: Panik! Eine übliche Reaktion in Krisenzeiten, ist die Senkung der Zimmerraten zur kurzfristigen Steigerung der Einnahmen. Durch diese Ratensenkungen versuchen Hotels kurzfristig Marktanteile abzuschöpfen und sich immer wieder gegenseitig in Sachen Pricing zu unterbieten. Das Ergebnis daraus ist ein Sinken des gesamten Preisniveaus am Markt.
Derzeit ist während der Regeneration der Hotellerie eher ein Trend von stagnierenden beziehungsweise in manchen Segmenten sogar rückläufigen Zimmerraten zu erkennen, dies liegt unter anderem auch daran, dass große internationale Events und Messen mit entsprechend hohen Raten nicht stattfinden und viele Hoteliers hoffen, mit Rabatten Nachfrage zu generieren. Diese Senkung geht sehr schnell, die Rückkehr auf das alte Niveau dauert hingegen Jahre und führt oftmals zu einem Vertrauensverlust bei den Gästen. ACHTUNG! Die Benchmark-Analysen einzelner Hotels und Märkte von Birgit Haake zeigen, dass Hotels, welche die Preise senken, kaum Marktanteile abschöpfen und im Durchschnitt einen niedrigeren RevPAR erreichen.
Der Tipp für Sie von Birgit Haake:
“Ich empfehle Hoteliers die Raten konstant zu halten und sich auf eine strategische Preispositionierung am Markt zu konzentrieren. Gleichzeitig sollte die Servicequalität, Hygienemaßnahmen und Kundennutzen in den Vordergrund der Gästekommunikation gestellt werden. Eine dynamische Preisgestaltung ermöglicht es dem Hotelier flexibel, individuell, schneller und zielgerichteter auf Veränderungen im Markt zu reagieren.”
Die Preissensibilität und Sättigung der diversen Märkte
Die Nachfrage erholt sich in jedem lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Markt unterschiedlich schnell und ist in diversen Märkten noch auf einem geringen Niveau. Daher ist es wichtig, dass Hoteliers Ihre Umsatzstrategie darauf ausrichten, welche Segmente und Märkte sich wann erholen werden. Hier spielen die Richtlinien der Regierungen für Grenzschließungen, Distanzregeln und die Beschränkungen von großen Gruppen eine wichtige Rolle.
Die Preissensibilität der Nachfrage innerhalb des jeweiligen Marktsegments sollte bei der Preisstrategie berücksichtigt werden, denn ein Wachstum in hart umkämpften Märkten ist nur über eine Differenzierung des Hotels und dessen Angebots möglich. Indikatoren für eine sich anbahnende oder bereits existierende Sättigung sind oft ein Rückgang des Absatzes und ein darauffolgend sinkendes Preisniveau am Markt. Anhand der Buchungskurven (Buchungstempo, Pick-Up und Trendanalysen) im Revenue Management System hat ein Hotelier die Möglichkeit, Veränderungen frühzeitig zu identifizieren.
Der Tipp für Sie von Birgit Haake:
“Für Individualhotels ist es wichtig, die eigene Flexibilität zu nutzen, dadurch die eigenen dynamischen Fähigkeiten auszubauen und sich anhand eines gesamtheitlichen Marketing-Mix langfristige Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Ferner sollten sie sich auf eine starke Preisdisziplin konzentrieren, denn sinkende Preise führen derzeit nicht zu einem Anstieg der Nachfrage.”
Die richtige Positionierung
Die Preisgestaltung ist ein entscheidender Teil der Strategie des Hotels zur schnellen Wiederherstellung der Einnahmen. Dennoch kann nur ein ganzheitlicher Revenue Management-Ansatz kombiniert mit der richtigen Positionierung in Form einer Unique Selling Proposition zur langfristigen Maximierung des Hotelergebnisses führen. Gerade während der Regeneration der Hotellerie ist es wichtig, seine eigene Zielgruppe genau zu kennen, die Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen und dadurch langfristig den Anteil der Stammgäste zu erhöhen.
Der Tipp für Sie von Birgit Haake:
“Hotels sollten sich weiterhin auf ihre Kernmärkte/Zielgruppen fokussieren und neue Konzepte als auch Leistungsangebote entwickeln, um sich langfristig nachhaltig vom Wettbewerb abzusetzen. Ein Hotel muss gerade jetzt eine entsprechende Unique Selling Proposition in Kombination mit anderen Faktoren, wie zum Beispiel Maßnahmen für Gesundheit und Sicherheit sowie Vertrauen vorweisen, um den Kunden aktiv zu einer Kaufentscheidung zu animieren.”
Für Hoteliers ist es wichtig, kreative Wege zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse zu finden, anstatt lediglich den Preis zu senken. Es geht darum den Wert zu erhalten, aber gleichzeitig flexibel zu sein und durch kurzfristige Zugeständnisse aufgrund von COVID-19, eine langfristige Kundenbindung aufzubauen und dadurch Stammgäste zu akquirieren. Durch die Evaluierung von Gästepräferenzen und Gästeverhalten können Sie ihre buchbaren Angebote maßschneidern, wie zum Beispiel durch die Bündelung von diversen Leistungen mit einem Preis- oder Leistungsvorteil bei Vorausbuchung.
Von den OTAs zum Direktvertrieb
Die OTAs haben viel Vertrauen durch die Nichterreichbarkeit und ihrem mangelnden Support zu Beginn der Krise bei den Kunden eingebüßt. Laut Birgit Haake ergibt sich daraus eine gute Chance, den Direktvertrieb auszubauen und die Vorteile einer Direktbuchung (wie z.B: 24/7-Erreichbarkeit und Kundenservice) stärker in die Gästekommunikation einzubinden, um Vertrauen und Loyalität aufzubauen. Ferner können Hoteliers von den OTAs lernen, diese bieten nicht nur einen vermeintlich günstigeren Preis an, sondern auch eine gute Navigation, eine benutzerfreundliche Buchungsfunktionalität und eine verkaufsfördernde Präsentation ihres Angebots.
Auf Hotelwebseiten ist der Buchungsprozess meistens zu kompliziert, der Gästenutzen ist nicht eindeutig dargestellt und Fragen des Gastes werden häufig nicht beantwortet, dies führt zu einem Abbruch der Reservierung. Hoteliers sollten das Klick- und Buchungsverhalten genau analysieren, in entsprechende Inhalte umsetzen und in die Optimierung der Buchungsfunktionalität investieren. Diese Maßnahmen gepaart mit der Erfüllung der Erwartungshaltung des Gastes, führen zu einer nachhaltigen Steigerung des Stammgäste Anteils.
Der Tipp für Sie von Birgit Haake:
“Grundsätzlich ist es wichtig, dass das einzelne Hotel unter Berücksichtigung der eigenen Preishoheit eine Distributionsstrategie festlegt, die die direkte und indirekte Distribution berücksichtigt. Die Teilnahme an Membership-Programmen und Promotion der OTAs sollte ein Hotel genauestens abwägen und auswerten, um die eigene Preispolitik nicht zu unterlaufen und die OTAs dadurch weiter zu stärken.”
Darum lohnt sich Revenue Management
Die Implementierung einer Revenue Management Software bietet sich aktuell an, denn historische Daten der vergangenen Jahre helfen aktuell, und voraussichtlich auch die nächsten 18 Monate, wenig. Es werden sich andere Buchungsmuster ergeben, die eine RMS schneller analysieren und umsetzen kann. Hotels, die bereits eine solche Software im Einsatz haben, profitieren von den wissenschaftlichen Methoden, Algorithmen und Intelligenz der Systeme. Sie verarbeiten die jüngsten Buchungstrends schneller, als es manuell möglich ist, und helfen dem Hotelier beim Forecast und den kurzfristigen Preisentscheidungen pro Markt und Zielgruppe. Hierbei ermöglichen dynamische Preise dem Hotelier schneller und flexibel auf die Preisbereitschaft am Markt zu reagieren.
Der Tipp für Sie von Birgit Haake:
„Ich empfehle, das Thema Revenue Management in kleinen Schritten anzugehen. Wichtig ist ein ganzheitlicher Revenue Management Ansatz, also eine Ausrichtung auf die Prozesse, Mitarbeiter und die Technologie. Welche Prozesse im Rahmen des Revenue Managements existieren und welche Aufgaben werden bereits wie häufig gemacht? Welche Arbeitsprozesse werden manuell gemacht und können durch die Unterstützung von Software effizienter gestaltet werden? Der Einsatz eines RMS - unabhängig von der Größe des Hotels - ermöglicht die schnelle Umsetzung von komplexen Kalkulationen unter Berücksichtigung von Markt- und Buchungsdaten in Echtzeit, die manuell praktisch unmöglich zu replizieren sind.”
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