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Wirtschaftliche Unsicherheiten und Krisenzeiten - wie wirken sie auf den Tourismus?

 

Am 20. Dezember durfte RateBoard gemeinsam mit renommierten ExpertInnen aus der Hotellerie und dem Tourismus sowie dem Revenue Management über das Thema wirtschaftliche Unsicherheiten und Krisenzeiten und deren Auswirkungen auf den Tourismus sprechen. 

In diesem Artikel berichten wir, wie unsere ExpertInnen Florian Aubke, Susanne Ostermann, Manfred Pinzger, Björn Seidel und Philipp Stelzer das Thema aufgreifen, analysieren und teilen ihre Handlungsempfehlungen an GastgeberInnen.

Wie wirken aktuelle politische, wirtschaftliche sowie umweltpolitische Entwicklungen auf den Tourismus? Die Auswirkungen sind enorm und zwingen GastgeberInnen, bislang bewährte Denkweisen zu verwerfen und umzudenken, um für Gäste attraktiv zu bleiben.

Björn Seidel

Björn Seidel ist Leiter des HotelNetSolutions Sales Teams. Das MICE-Segment und der Geschäftsreisebereich in der internationalen und mittelständischen Kettenhotellerie haben ihn viele Jahre geprägt. Bei HotelNetSolutions bringt er seine Expertise aus 20 Jahren Hotellerie ein.

Herr Seidel spricht über die Auswirkungen der aktuellen Weltgeschehnisse auf den Tourismus und wie sich dadurch das Reiseverhalten und die Erwartungen der Gäste verändert haben sowie über Tourismustrends der Zukunft.

Urlaub und Reisen nimmt einen sehr hohen Stellenwert ein und zählt bereits lange zu den Grundbedürfnissen der Bevölkerung. Signifikant sind laut Herrn Seidel die Veränderungen im Reise- und Buchungsverhalten, welche im direkten Zusammenhang mit der Covid19-Pandemie stehen. Eine sichtbare Veränderung ist beispielsweise die Art des Reisens, welche durch die vermehrte Inanspruchnahme von Zugverbindungen, nachhaltiger geworden ist. Reisende entscheiden sich gerade für Kurzstrecken öfter gegen Flugreisen und für Zugfahrten. Diese Trendbewegung Richtung Verringerung der Mobilität ist vor allem in der jüngeren Bevölkerung aufgrund des verstärkten Bewusstseins für Nachhaltigkeit bemerkbar. 

Stärker ausgeprägt sind seit der Covid19-Pandemie bereits bekannte Reisemotive, wie beispielsweise das Bedürfnis nach Erholung, Flucht vor dem Alltagsstress aber auch das Streben nach einzigartigen Erlebnissen im Urlaub. 

"Machen Sie den Aufenthalt für den reisenden Konsumenten zu einem Erlebnis, wie man es früher auch gemacht hat. Seien Sie Gastgeber[:in]."

Außerdem weist Herr Seidel auf die Nutzung von Pre-Arrival Technologien hin, mit denen Gäste bereits vor der Ankunft abgeholt und optimal auf den Aufenthalt vorbereitet werden können. Etwaige Zusatzleistungen können dadurch ebenso kommuniziert werden, damit der Gast nicht an der Rezeption in Verkaufsgespräche verwickelt wird. Als weitere Handlungsempfehlung nennt er die Fokussierung auf Direktbuchungen im E-Commerce und die damit einhergehende Nutzung neuer Technologien. Dadurch werden eigene Kosten von Kommissionszahlungen reduziert, welche in Folge nicht an die Gäste weitergegeben werden müssen.

Herr Seidel empfiehlt, benachbarte Hotel- und Gastbetriebe nicht als Konkurrenz zu sehen, sondern ein Zusammenarbeiten zur Stärkung der Region anzustreben, beispielsweise durch gemeinsame Marketingaktivitäten, und dadurch mehr Gäste anzuziehen. Den letzten Punkt, den Herr Seidel anspricht, ist flexibel und anpassungsfähig zu bleiben, um dadurch auf etwaige Geschehnisse am Markt schneller reagieren zu können. Der Identität des Betriebes muss jedoch treu geblieben werden, während nicht jeder Trend mitgemacht werden soll.

Susanne Ostermann

Susanne Ostermann ist für die strategische Entwicklung der Bereiche Customer Success und Revenue Management sowie für die Planung und Entwicklung der Service-Leistung der Revenue Management Software RateBoard verantwortlich. Sie bringt jahrelange Erfahrung als Revenue Managerin und Director of Revenue Management in international bekannten Hotelketten mit.

Frau Ostermann gibt Einblicke in aktuelle Zahlen der Wintersaison 2022/23 und teilt strategische Grundlagen und Ansätze aus der Unternehmensführung und dem Preismanagement. 

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Die durchschnittliche Tagesrate für Hotels in der Ferienhotellerie in Österreich und Deutschland, wie in Abbildung 1 ersichtlich, zeigt trotz der aktuellen, weltweiten Geschehnisse eine positive Entwicklung in der Wintersaison. Während sich die Vorausbuchungsfrist von 110 Tagen in 2019 auf 50 Tage im Winter 2021/22 verkürzt hatte, liegt diese nun bei 95 Tagen diesen Winter, 2022/23, was für eine Erholung von der Unsicherheit erneuter Corona bedingter Einschränkungen spricht. Eine weitere Begründung dafür ist laut Frau Ostermann die vielerorts größere Flexibilität der Buchungskonditionen. Eine längere Vorausbuchungsfrist bedeutet mehr Planbarkeit für Hoteliers. 

Der zweite Abschnitt ihres Vortrages handelt von strategischen Ansätzen sowohl im Betrieb selbst als auch im Revenue Management. Die Basis der strategischen Überlegungen ist auf drei Prinzipien gestützt. Zu diesen zählen die strategischen Grundlagen, welche erzielt werden müssen, damit das Unternehmen auf soliden Beinen steht. Es gilt sich zu überlegen, welche Vision man als UnternehmerIn für den Betrieb verfolgt und wo man diesen in fünf Jahren sieht. Dazu zählt auch das Profil des Unternehmens, welches auf emotionaler Ebene klar definiert sein muss. 

"Ein scharfes Profil zu haben, bedeutet, in die Tiefe zu gehen[...], damit ein roter Faden entstehen kann."

Ein roter Faden ist ein essenzieller Wegweiser zur Orientierung, wofür das Haus steht - sowohl für MitarbeiterInnen als auch für Gäste. Eine Überlegung, die sich daraus ergibt, ist jene der Zielgruppen. Frau Ostermann regt dazu an, eigene Zielgruppen zu kategorisieren und nach Notwendigkeit neu zu definieren. Ob das Unternehmensprofil ausgelebt werden kann, hängt von der Zielgruppe ab, die damit angesprochen werden soll. 

Das nächste Thema, das Frau Ostermann anspricht, ist jenes der strategischen Entscheidungen. In diesem Zusammenhang nennt sie eine homogene Preispolitik mit dem Stichwort Ratenparität. Die erste Entscheidung, die getroffen werden muss, ist die Auswahl der Buchungskanäle, auf denen Zimmer verkauft werden sollen. Im Mittelpunkt dieser Überlegung steht die Zielgruppe, denn die Kanäle, auf denen verkauft wird, sollen bestmöglich zur Zielgruppe passen. Frau Ostermann betont, dass das Unternehmen nicht auf jedem Buchungskanal verfügbar sein muss. 

Eine weitere Kernaussage von Frau Ostermann ist, sich auf FrühbucherInnen zu konzentrieren, denn diese sorgen für eine frühzeitige Basisauslastung und ermöglichen dadurch eine bessere Planbarkeit. 

Beim Thema der strategischen Preise nennt Frau Ostermann die Wichtigkeit des Leistungswettbewerbs gegenüber einem Preiskampf. Eine intelligente Preisstrategie basiert auf einer Wertestrategie, was bedeutet, dass der Wert und die Qualität des Betriebes im Vordergrund stehen müssen, und die Steigerung eben jener bietet die Möglichkeit, Preise zu erhöhen. Überdurchschnittliche Qualität darf es nicht zum Diskontpreis geben, so die Expertin.

Frau Ostermann gibt Hoteliers auch mit auf den Weg, dass die Ausschöpfung der Preisspielräume eine essenzielle Rolle im Pricing spielt. Minimal- und Maximalpreise müssen bekannt sein, um zu wissen, ab wann man Verlust macht. Mit dem Wissen der eigenen Preisspanne, kann die Preispolitik entsprechend angepasst werden.

"Es gibt einen Leitsatz im Revenue Management: Der richtige Preis, für den richtigen Gast zum richtigen Zeitpunkt."

Eine sehr aktuelle Frage, die Frau Ostermann in ihrem Beitrag beantwortet, ist jene der Inflationsanpassung. Ihre Empfehlung ist, bei der Gestaltung der neuen Preisliste jedenfalls die Inflationsanpassung zu inkludieren und nicht nur Saisonen, sondern Tagespreise zu planen und Schnäppchenpreise gering zu halten.

Manfred Pinzger

Manfred Pinzger ist seit 2013 Präsident des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV) Südtirol. Manfred Pinzger ist zudem Vizepräsident der gesamtstaatlichen Verbände Federalberghi und Confcommercio. Außerdem betreibt er zusammen mit seiner Familie das Hotel Vinschgerhof in Vetzan bei Schlanders.

Herr Pinzger spricht über den touristischen Markt in Südtirol und die aktuell vorherrschenden, politischen Rahmenbedingungen im Alpenraum. 

"Zwischen Mai und Oktober, der Sommersaison in Südtirol, wurden 22,8 Millionen Nächtigungen verzeichnet, das sind sehr gute Zahlen. Da ergab sich auch bereits die Diskussion, ob es sich dabei um Overtourism handelt."

Der Nachfrage war im Sommer 2022 in Südtirol groß, die Region war sehr gut gebucht und konnte das Vor-Pandemie-Niveau erreichen. Für den Winter ist die Region sehr gut aufgestellt - über Silvester gab es keine Kapazitäten mehr, über Weihnachten nur sehr wenige. Der wieder erstarkte Tourismus wirkt sich nicht nur auf das Gastgewerbe, sondern auch auf den Handel und die Klein-Industrie aus, der aufgrund der Nachfrage nach regionalen Produkten von TouristInnen verstärkt frequentiert wird, so der Präsident des HGVs. 

Als ausschlaggebende tourismuspolitische Rahmenbedingungen nennt Herr Pinzger die gestiegenen Zinssätze, wie der europäische Leitzins, sowie die erhöhten Energiekosten, welche einen enormen Einfluss haben. Auf Landesebene, im Rahmen aller Wirtschaftsverbände, wurde mit dem größten regionalen Energieanbieter Alperia ein Abkommen über eine Abfederung der Energiekosten für Klein- und Kleinstbetriebe beschlossen, erklärt Herr Pinzger.

Weiter nennt Herr Pinzger enorme Steuerbelastungen in Italien, welche Hotelbetrieben zu Ungunsten kommen, wie beispielsweise die Gemeindeimmobiliensteuer auf Produktionsbetriebe. Mit dem neuen Haushaltsgesetz des Landes, welches noch im Dezember verabschiedet wurde, konnten bereits Erfolge in Bezug auf Steuersenkungen erzielt werden, jedoch betont der Präsident des HGVs aber auch, dass es zu diesem Thema auch noch viel Verbesserungsbedarf gibt.

Handlungsempfehlungen zur optimalen Vorbereitung auf die Zukunft beinhalten unter Anderem den Trend der Regionalität authentisch und professionell im Betrieb widerzugeben. Diese muss der Gast spüren, beispielsweise in der hauseigenen Küche, da die Ernährung aufgrund vermehrter Intoleranzen und unterschiedlicher Ernährungsformen eine immer wichtigere Rolle für den Urlaubenden spielt.  Eine weitere Kernaussage des Hoteliers ist es, Trends wie Influencermarketing gezielt einzusetzen und sich dadurch richtig zu positionieren. 

Florian Aubke

Florian Aubke ist Leiter des Studiengangs Tourismus- und Hospitality Management an der FHWien der WKW, der führenden Fachhochschule für Management und Kommunikation in Österreich. Vor seinem Wechsel an die FHWien der WKW war Herr Aubke maßgeblich am Aufbau des privaten Hochschulmoduls beteiligt, wo er als Dekan der Undergraduate School und Director of Non-Degree Programs tätig war. Er erhielt seine akademischen Grade an Universitäten in Deutschland und Australien, bevor er an der Wirtschaftsuniversität Wien mit Auszeichnung promovierte.

Herr Aubke gibt spannende Einblicke in Themen wie Fachkräftemangel und Erwartungen der MitarbeiterInnen von morgen an die Branche und wie diese gestaltet sein muss, um wieder attraktiv zu werden. 

Gleich zu Beginn stellt Herr Aubke fest, dass es sich grundsätzlich nicht nur um einen Fachkräftemangel in der Hotellerie und dem Tourismus handelt, sondern das generell ein eklatanter MitarbeiterInnenmangel vorherrscht. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass, abhängig von der Region, die Beschäftigungsquote in den genannten Branchen zwischen 8-10% unter jener von 2019 liegt, das entspricht rund 20 000 MitarbeiterInnen weniger als zuvor. Die VerbleiberInnenquote liegt konstant bei 70-75%. Diese Differenz zwischen VerbleiberInnen und Mangel lässt sich so erklären, dass die Anzahl der in der Branche Arbeitenden größtenteils unverändert bleibt, jedoch weniger Arbeitskräfte als vor der Pandemie in die Branche neu einsteigen. 

Auf die Frage, inwiefern sich die Stadthotellerie von der Ferienhotellerie in Bezug auf den Fachkräftemangel unterscheidet, antwortet Herr Aubke, dass im urbanen Raum das Arbeitsmarktumfeld dynamischer ist, während man in der Ferienhotellerie MitarbeiterInnen mehr als Teil der Familie in den Betrieb eingliedern kann und mit diesem Wissen entsprechende Strategien gefahren werden können. 

Der Studiengangsleiter und Tourismusexperte erklärt, dass sich das Werteverständnis der Generationen verändert hat. Die Hotellerie ist eine Branche, die faktisch vordergründlich von jungen Personen besetzt ist, daher ist es umso wichtiger, ein Narrativ aufzubauen, dass diesen Menschen mitgegeben werden kann und aktuell, nach einer Untersuchung des Arbeitsmarktangebots, fehlt. 

"Hoteliers sind Gastgeber[Innen]. Die jungen Menschen, die in der Hotellerie angestellt sind, machen das nicht, um Rezeptionist[In] oder Kellner[In] zu sein, sondern um Gastgeber[In] zu sein."

Herr Aubke rät Hotelieres, Abstand von dem Denken in Funktionsbereichen zu nehmen und Arbeitsbereiche an Werten orientiert zu gestalten. Speziell in der Ferienhotellerie ist es wichtig, in Destinationen, Kooperationen und Netzwerken zu denken, denn MitarbeiterInnen entscheiden sich selten für einen Betrieb, sondern für eine Region. Dabei nennt Herr Aubke auch die Wichtigkeit, an Ausbildungsinstitutionen heranzutreten und sichtbar für junge Leute zu werden, die sich für die Branche interessieren.

Philipp Stelzer

Philipp Stelzer ist seit 7 Jahren Head of Sales bei HQ Plus, einem global tätigen, renommierten Technologieunternehmen, das Markt- und Geschäftsdaten in Echtzeit aggregiert und analysiert, wo er 2013 ursprünglich als Destination Manager begonnen hat. Seine Karriere hat er in der Hotellerie als Revenue Manager und Data Secure Manager begonnen, bevor er sich 2011 durch eine Weiterbildung weiter Richtung Tourismus und Wirtschaft orientierte.

Philipp Stelzer gibt einen Jahresrückblick auf die Zimmerpreise des Jahres 2022 und geht näher auf die Bewertungsentwicklung in der DACH Region ein. 

Das erste Quartal 2022 lief, wenig überraschend, aufgrund von Covid-Maßnahmen zurückhaltend an. Ab Mitte Mai steigt in einigen Regionen Österreichs die Nachfrage bereits, in der 4*-Hotellerie durchgehend bis zum Ende des Sommers mehr als in der 3*-Hotellerie. 

Der Review Score zeigt ab April 2022 einen signifikanten Abwärtstrend, ein Phänomen das global sichtbar ist. Die von Herrn Stelzer genannte Begründung ist die Inflation sowie der Fachkräftemangel. Die Zimmerpreise sind gestiegen, der Betrieb ist jedoch derselbe mit der Ausnahme, dass weniger MitarbeiterInnen trotz gestiegener Nachfrage verfügbar sind. Dies führt dazu, dass die Qualität des Services nachlässt, während gleichzeitig die Erwartungen der Gäste aufgrund der erhöhten Preise ansteigt. Den geringsten Einfluss auf den Review Score haben in der untersuchten Region in Österreich Betriebe im 5* Segment verzeichnet.

 

Wir von RateBoard bedanken uns noch einmal herzlich bei den Top ExpertInnen und allen TeilnehmerInnen. Wir freuen uns schon auf die nächsten Events.

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